Interview mit Giles Martin

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“Blu-ray is the best way to listen to immersive audio.”
giles martin
Giles Martin
Musikproduzent

Wir durften mit dem britischen MusikproduzentenKomponisten und 
Multiinstrumentalist Giles Martin im Interview über seine Arbeit, besonders auf seine Erfahrungen mit immersivem Audio bezogensprechen.

Martin ist der Leiter der Abteilung Audio und Sound bei der Universal Music Group und war verantwortlich für immersive Mischungen wie “Abbey Road” von The Beatles und “Goats Head Soup” von The Rolling Stones. 

Durch deine Familiensituation wurdest du mit der Arbeit in Aufnahmestudios bereits im jungen Alter konfrontiert. Könntest du uns einen Einblick in deine Biografie geben, wie du deinen Weg zur Musik gefunden hast?

Als Sohn von Musikproduktionslegende George Martin hatte der heute Einundfünfzigjährige schon immer Kontakt mit Musik und Musikstudios. 

“Ich kenne Aufnahmestudios bereits seitdem ich zwei oder drei Jahre alt war, weil ich da immer drinnen rumgelaufen bin – mein Vater hatte ein Studio im Oxford Circus in London, das Air studios, und ich habe ihn da immer besucht. Ich weiß noch, dass ich das Studio viel besser fand als sein Büro, weil es einen Kakao-Automaten gab und viel cooler war. Also, anders als die meisten Kinder, kannte ich Musikstudios bereits.” 

Aber zunächst sah es nicht so ausals würde Giles Karriere in die musikalische Richtung führen – diese wollte sein Vater von Anfang an nicht für ihn. 

“Ich wäre Autodesigner geworden, war gut in Physik und Kunst. Aber dann habe ich mich in die Musik verliebt, als ich so elf oder zwölf war. Ich habe mich ins Schreiben und das Klavier verliebt. Doch mein Vater wollte auf keinen Fall, dass ich mit Musik meinen Lebensunterhalt verdiene. Ich weiß noch, als ich mit vierzehn zu ihm sagte: “Ich will Musik machen” und er nur antwortete: “Du bist einfach nicht gut genug” und ich habe gedacht: “Das werde ich dir zeigen.”” 

Als George Martin langsam sein Gehör verlor erinnert sich Giles: 

“Ich war quasi seine Ohren und habe für ihn gehört. (…) Er hat niemandem gesagt, dass er taub wurde, aber zum Ende seines Lebens hin war er ziemlich taub. Und so habe ich gelernt was Frequenzen und Kompressionen und all diese Dinge sind. Ich hatte eine Phase, in der ich dachte ich würde Musik schreiben und komponieren und das mach ich zum Teil auch noch, aber ich glaube Gene und Umstände trafen aufeinander und brachten mich zu dem, was ich jetzt mache.” 

Einen berühmten Vater zu haben bedeutete für Giles Martin, dass er, besonders zu Beginn seiner Karriere, genau beobachtet würde.

“Es war als hätte ich ein Mikroskop auf mich gerichtet (…) – du durftest nicht Durchschnitt sein. Du konntest entweder keinen richtigen Job finden und machst jetzt das, was dein Vater gemacht hat, oder du bist sowas wie ein Wunder und irgendein Genie, es gibt kein Dazwischen. Und du lernst damit umzugehen und den Leuten zu sagen, dass du eben doch einfach durchschnittlich bist und nicht nur eins oder das andere. Aber ich glaube auch, ohne jegliche Frage, dass ich ein riesiges Privileg und Möglichkeiten hatte.” 

Da es zurzeit mit der Covid19 Situation sehr schwierig ist, wie erlebst du die Situation in deinem kreativen Umfeld?

Während dem ersten Lockdown baute Martin sich ein Heimstudio und sagt, er hat viel großartige und kreative Arbeit dort geleistet, “eben, weil ich eingesperrt und ohne Ablenkungen war. 

Aber es hat den Arbeitsprozess auch isolierter gemacht. 

“Ich vermisse den kollaborativen Prozess; Ich vermisse es in einen Raum zu gehen um etwas zu hören oder andere Leute in den Raum kommen zu haben und zu sehen, wie sie auf das, was ich mache, reagieren. (…) Du merkst wirklich wie etwas klingt, wenn du die Reaktion anderer siehst. Und, weil du diese Reaktion zurzeit nicht hast, weißt du es nicht so richtig. Du arbeitest in einer Blase und das ist schwierig.” 

Martin sagt auch, dass die meisten kreativen Projekte, wie Filme, Alben und sogar eine Broadway Show, in das nächste Jahr verschoben wurden, was dazu führe, dass “weniger Kreation passierte.” 

Kreation, die normalerweise in den berühmten Abbey Roads studios stattfinden würde. 

Abbey Road studios sind für uns ein magischer Ort. Wie war es für dich in diesen Studios zu arbeiten?

“Sobald du es für selbstverständlich ansiehst, dass du in diesem tollen Gebäude, wo mit die beste Musik bemacht wird, bist, solltest du nicht da sein. Sobald du denkst, dass du es verdienst, solltest du nicht da sein. Und deshalb versuche ich jeden Tag spaßig und kreativ zu gestalten. Mein Vater war genauso. Wir retten keine Menschenleben, wir löschen keine Feuer, wir arbeiten in einem Luxussektor. Musik ist wichtig, aber es ist nicht wie Wasser oder Nahrung, also sollten wir sie romantisieren und genießen und uns glücklich schätzen. Hoffentlich fühlen das auch die Menschen, mit denen ich arbeite.” 

Das Musikhörerlebnis hat sich von Mono zu Stereo zu Mehrkanal entwickelt. Zu Beginn des Jahrtausends war die SA-CD bereits ein Medium, das Mehrkanalsound zu erleben ermöglichte, aber es hat im Markt nie Fuß gefasst. Mit den neuen immersiven Formate, sowie Dolby Atmos, scheint dies anders zu sein. Immer mehr Produkte werden dementsprechend gemischt und auf Blu-ray veröffentlicht. Was waren deine Erfahrungen, als du anfingst Produktionen in Dolby Atmos zu mischen?

Ich würde zurück zu 5.1 gehen. Ich finde, dass 5.1 und Dolby Atmos sich sehr ähneln in ihren Prozessen – Dolby würde da wahrscheinlich widersprechen. Ich würde sagen meine erste wirkliche Erfahrung mit immersivem Audio war die LOVE Show und das LOVE Album [The Beatles]. Das war das erste 5.1 Album und tatsächlich eines der besten, die wir gemacht haben. Das lag daran, dass ich ein Theater in Las Vegas mit 7000 Lautsprechern bauen durfte. Ich habe also quasi Dolby Atmos gemacht bevor Dolby Atmos Dolby Atmos gemacht hat. Wir hatten einen Raum mit Lautsprechern in der Decke, Lautsprechern in den Sitzen und Lautsprechern in der Bühne. (…) 

Dann bin ich zurück ins Abbey Road gekommen und habe ein 5.1 Album darauf gemacht und fand es einfach schön. Es war ein schöner Arbeitsprozess; es war schön jemanden in die Musik hineinzuversetzen. (…) 

Als Dolby Atmos erschien, war ich ziemlich früh dran. Ich glaube ich habe das erste Dolby Atmos Album gemacht und zwar Sgt. Pepper’s, das wir als theatralisches Stück geplant haben, aber nicht veröffentlich wurde, ich habe es als Experiment gemacht. (…)  Für mich war es eine Weiterführung der LOVE Show, ich habe dasselbe gemacht. Ich habe ein immersives Soundfeld kreiert.” 

Martin erklärt weiter, dass man aufpassen muss, wenn man mit neuen Technologien wie Dolby Atmos arbeitet, dass man “kein Sklave der Technologie” wird und die Technik nicht nutzt, weil es möglich, sondern weil es sinnvoll ist. 

Er fügt auch hinzu, dass der Arbeitsprozess nicht nur mit der Technologie ist, sondern ein interaktiver Prozess mit anderen Menschen. 

“Und das Tolle an meinem Leben und den Menschen, mit denen ich arbeite, ist, dass wir anderer Meinung sind. Bob Clearmountain, der ein guter Freund von mir ist, mischt gerne den Gesang rechts oder links und das mag ich nicht, ich mag es, wenn der Gesang der Mittelpunkt der Performance ist. Und keiner von uns beiden hat Recht, ich finde er ist einer der besten Mischer überhaupt, aber wir sind uns einfach uneinig.” 

Martin sieht das immersive Audio als Möglichkeit, Hyperrealität zu erstellen, bei Mischungen von “EDM und verrückten Sachen, aber wenn du eine Stimme und eine Gitarre hat, dann ist es für Reflektionen gut.” Er fügt hinzu:

“Blu-ray ist der beste Weg, um immersives Audio zu hören.”

Giles Martin
©Alex Lake. Giles Martin ist Experte für immersiven Sound und empfiehlt zum Musikhören Blu-ray.
Du wurdest zum Leiter von Audio und Sound bei Universal ernannt. Streaming ist der meistgenutzte Weg, heutzutage Musik zu konsumieren. Die Qualität der Studioaufnahmen, Mehrkanal Optionen miteingeschlossen, sind für die meisten Konsument*innen nicht zugänglich. Das physische Mediaformat Blu-ray bietet eine tolle Alternative, Musik zu Hause in höchster Qualität zu genießen. Wie siehst du die Entwicklung zwischen Streaming Abonnementmodellen und den alten Verkaufsprodukten, auch mit dem Aspekt der zukünftigen Finanzierung der Musikproduktion?

“Ich denke, das erste, was ich sagen würde, ist, dass die Konsument*innen es noch nie so gut hatten, sie haben viele Optionen. Wir alten Leute weinen der guten alten Zeit hinterher, aber die gute alte Zeit war gar nicht so gut. Jetzt kann ich auf meinem Smartphone alle Musik der Welt hören und genießen. Und ich glaube nicht, obwohl ich Befürworter und Experte der Audioqualität bin, glaube ich nicht, dass schlechte Audioqualität den Genuss eines guten Songs zerstört. Wir haben früher AM Radio und Kassettenspieler gehört und deren Sound ist schlimmer, als der meines Handys. Aber du konntest dich auch in ein Lied aus dem AM Radio verlieben.” 

Martin geht dann ins Detail zur Zukunft der Musikproduktion: 

“Die Musikindustrie muss verstehen, dass Bequemlichkeit gewinnt. Das können wir nicht ändern, die Bequemlichkeit der Konsument*innen gewinnt. Also müssen wir diese Bequemlichkeit mit Technologie abdecken. (…) Ich denke die Technologie wird das Niveau höher bringen – so wie sie das immer schon mit Television, mit Handys und allem anderen gemacht hat – und so denke ich die Blu-ray wird in eine Situation kommen, wo sie sich an die Ausgangsquelle anpassen muss, von der sie gehört wird. (…) Und mit der Zeit wird sich das verbessern und die Produkte werden sich verbessern. 

Was ich nicht möchte, ist Leuten sagen “Das solltest du nicht hören, das ist schlecht”, weil das nicht wahr ist. Die Menschen sollten so Musik hören, wie sie es wollen und das werden sie auch. Also denke ich, um eure Frage zu beantworten, ich möchte – und das ist mir sehr wichtig – ich will, dass Leute [tollen Sound in Musik] in ihrem zu Hause hören können. Und ich glaube, da kommen wir hin, es wird immer besser. Also bin ich daran interessiert, dass Menschen toll klingende Musik hören, ohne zu merken, dass sie es tun. (…) Was wir wirklich wollen, ist, dass es jeder genießt.” 

Musikaufnahmen, die von Anfang an immersiv konzipiert wurden, werden sicherlich die Zukunft der Musikaufnahmen beeinflusse. Was denkst du sind die wichtigsten Punkte, um ein optimales Resultat für ein immersives Audioprodukt zu erhalten?

“Es kommt auf die Art von Musik an. Wenn es echte, also Performances oder Bands, ist, würde ich sagen, das Wichtigste ist es, den Raum einzufangen. So, dass du dich fühlst, als wärst du mit dem Künstler in einem Raum. Es ist wichtig die Wände einzufangen. Fang die Performance so gut ein wie es geht, so wie immer, aber stell auch sicher, dass du die Wände mitnimmst. Das wäre die Regel, würde ich sagen. 

Und, wenn es um EDM und Tanzmusik und nicht-echte Musik geht, ist es eine Frage des Sicherstellens, dass die Balance und Beziehung zwischen dem, was du im Spektralraum hast und dem, was du im räumlichen Raum hast, dich nicht überfordert und ablenkt.” 

Das The Beatles Album Abbey Road ist eine der Arbeiten im Dolby Atmos Format. Wie fandest du den Prozess und das Resultat von den originalen Aufnahmen zu den immersiven Sounddimensionen auf Blu-ray?

Lachend antwortet Martin: “Ich meine, offensichtlich finde ich es gut, sonst könntet ihr es nicht hören!” 

Dann erzählt er vom Arbeitsprozess von Abbey Road: 

“Es gibt keine Audioperfektion. (..) Wenn man beispielsweise “Golden slumbers” von Abbey Road nimmt, oder dem ähnlich “You never give me your money”, welche Orchester beinhalten, nur eine Monoaufnahme mit einem Orchester, und die sind durch einen TG-Tisch gegangen und wurden komprimiert und haben diesen kleinen tutigen Sound – es ist kein großer Sound, es klingt nur groß, weil wir die Freiräume füllen – für das Stereoformat ist das toll, weil du eine schönklingende Aufnahme bekommst. Aber es ist nicht perfekt, sodass, wenn du es für Dolby Atmos auseinandernimmst, du sichergehen musst, dass man diese Imperfektionen nicht raus hört, aber das Erlebnis noch dasselbe ist. Und so machen wir die Dinge oft weniger perfekt, als sie sind, damit das Gefühl der Aufnahme dasselbe ist. 

Ich gebe euch ein Beispiel, das ich zum Glpck früh gelernt habe: Ich habe “I am the Walrus” für LOVE gemischt, der erste Beatles Song, den ich vor um die vierzehn Jahren gemacht habe, und ich dachte einfach es war super! Und dann habe ich mir das Original angehört und es klang furchtbar, aber es klang besser – denn es war klaustrophobisch, es hatte dieses Gefühl. Und das ist die Sache, es ist wie bei Gemälden. Tolle Gemälde sind nicht unbedingt genaue Abbilder des Gegenstands und das ist bei Aufnahmen genauso. Und deshalb möchte ich, dass der Dolby Atmos Mix wie ein Schleier um einen ist, der einem bekannt vorkommt, aber gleichzeitig erlebt man etwas ganz anderes. 

Mit Abbey Road stimmt von Beginn an das Meiste, aber ich möchte, dass das Atmos Erlebnis einen einhüllt. Wir nutzen viele Techniken, aber die essentielle DNA des Songs bleibt bestehen. Ich möchte, dass es Abbey Road ist, aber mehr als das, was du kennst.” 

Der neue Mix auf Blu-ray ist zusammen mit einem neuen Stereo-Mix und zwei zusätzlichen CDs mit 23 bisher unveröffentlichten Session- und Demo-Aufnahmen als limitierte Super Deluxe Edition “Abbey Road – 50th Anniversary” erschienen – hier in unserem Shop erhältlich.

Martins immersiver Mix ist Teil der Abbey Road - 50th Anniversary Edition.
Der Soundtrack “Rocketman” als Musikfilm wurde von dir produziert und erschien in Mehrkanal Mischungen, auch in Atmos. Wie anders ist der Arbeitsprozess von reinen Studioalben zu Musik- oder Konzertfilmproduktionen?

“Auf eine Weise war Rocketman mehr wie die LOVE Show, weil ich Sounds dafür kreiert habe. Und so konnte ich Sachen machen, wie bei dem Lied Rocketman, eine große Produktionsnummer, wo Taron, der Elton spielt, in einem Pool Selbstmord begehen will, seinen Magen ausgepumpt bekommt, dann auf die Bühne geht und schließlich in ein Flugzeug hochfliegt. Ich habe dafür zwei komplette Orchester genutzt. So kreiere ich ein Soundfeld, von dem ich weiß, dass ich es in den immersiven Raum setzen kann, anstatt es zu bekommen – der Unterschied ist wie beim Kochen, wenn du die Zutaten bekommst um etwas zu machen, oder wenn du dir die Zutaten selber suchst. (…) Als er in das Wasser taucht, habe ich diesen Effekt, wenn deine Ohren klicken nachgestellt, weil ich wusste, dass man es im Raum bemerkt. Und ich habe Walgeräusche hinzugefügt, man kann sich einfach austoben.” 

Während Martin auf der einen Seite mehr Freiheit für Experimente mit Sound hatte, trug er für Rocketman auch mehr Verantwortung. 

“Es war herausfordernder, weil ich mit Rocketman komplett für alles verantwortlich bin, was passiert, aber es gibt mir auch eine Palette zum Arbeiten. Und ich habe zu Dexter, dem Direktor gesagt: “Hör zu, lass mich einfach mal machen und das Spaßige an Musik ist, dass ich es erst komplett falsch mache und dann mach ich alles richtig!”” 

Der Film Rocketman mit Martins Soundtrack ist auf Blu-ray hier in unserem Shop erhältlich!

rocketman
Martin ist für den Soundtrack zu Rocketman verantwortlich.
Die derzeitige Rolling Stones Veröffentlichung Goats Head Soup ist auch über dein Mischpult gegangen. Was sind die Unterschiede und Herausforderungen dabei, Aufnahmen von Künstlern wie The Beatles oder The Rolling Stones in ein neues immersives Hörerlebnis zu verwandeln?

“Jeder einzelne ist anders, jedes Album ist anders und jeder Song ist anders. (…) Für die Rolling Stones (…) hatte jemand schon etwas für das Album gemischt und Mick kam vorbei und ich, als Audio-Leiter bei Universal, hörte es mir mit ihm an. Es war sehr sauber, sehr genau und er sagte: “Das ist nicht besonders Rock’n’roll, oder?” Das war, weil es zu breit gemacht wurde, wenn du es zu breit fächerst verlierst du den Kick und The Rolling Stones, besonders dieses Album, muss dir in den Hintern treten. (…) 

Das Stones Album ist interessant, weil es nie dafür aufgenommen wurde, ein high-definition Audioerlebnis zu werden. Es ist eine Band, die in Jamaica spielt, viel trinkt, das Mikrofon ist überall, einfach eine Herausforderung! Wenn du dir das originale Album anhörst, klingt es cool aber es ist sehr Lo-Fi. (…) 

Weil es Rock’n’roll ist, sind die Frequenzgänge riesig, selbst komprimiert, und deshalb ist es die Herausforderung diese Aggression zu behalten, aber (…) es immersiv zu machen. Natürlich gibt es ein paar Songs, die da gut zu passen und dann gibt es Lieder wie “Star star”, wo du denkst: “Das ist einfach ein Rock’n’roll Song!” Dann möchte ich mich so fühlen, als würde die Band gerade mit mir im Raum sein und performen, ich möchte da so nah ran, wie es geht.” 

Die Audio Blu-ray mit der immersiven Version ist Teil der Limited Super Deluxe Edition von “Goats Head Soup”, die außerdem Alternativ-Mixe, seltene Aufnahmen, drei bislang unveröffentlichte Tracks, einen Live-Mitschnitt des Albums “The Brussels Affair” und ein Foto- und Storybuch enthält – ebenfalls hier bei uns im Shop erhältlich.

Rolling Stones goats head soup
Martins immersiver Mix ist Teil der Super Deluxe Edition von Goats Head Soup.
Wie lange dauert es vom ersten Hören zum finalen Master? Was ist der Prozess dieser Remixes zeitlich gesehen?

“Es kommt auf den Song an; allgemein gesehen schaffen wir ein Lied in Stereo an einem Tag. Wenn es sowas wie The Rolling Stones, The Beatles oder andere legendäre Künstler*innen sind, muss man sicher gehen, die Aufnahme nicht schlechter zu machen. (…) Es dauert ungefähr einen Tag für Stereo und dann weniger Zeit um Atmos und 5.1 zu machen. Und dann brauche ich Jahre um Alles zu prüfen, weil ich so bin. Als Person bin ich sehr locker, aber vor den Lautsprechern – manchmal bereiten die Leute, mit denen ich arbeite alles vor, und ich ändere alles daran. 

Sam Okell, der mit mir an den Beatles Sachen gearbeitet hat und ein toller Ingenieur ist, sagt immer: “Ich wusste, dass dir das auffallen würde!” Und das ist Teil des Prozesses und führt zurück zu eurer vorherigen Frage: Das vermisst du während des Lockdowns, du vermisst die Zusammenarbeit.” 

Abschließend wollen wir dich fragen, wie denkst du wird Musikaufnahme in der Zukunft aussehen, in einer Welt die immer mehr digital interaktiv wird?

“Ich befürchte, dass Leute es übertreiben werden. Da war ein Ingenieur bei Abbey Road, der achtzehn Mikros auf eine Harfe gerichtet hat. An sowas glaube ich nicht, das ist nicht in meiner DNA. Ich würde ein Mikrofon, vielleicht ein Stereopaar, vor eine Harfe stellen. Ich necke Sam, mit dem ich Rocketman gemacht habe, immer wegen seiner vielen Mikrofone und stecke sie alle aus. Ich möchte diese Optionen gar nicht, sie lassen Dinge nicht besser klingen. Direktheit ist immer gut, das brauchen wir. Wenn alles zerstreut klingt, haben wir nichts, um uns daran festzuhalten. So hören wir nicht im echten Leben. (…) 

Was sich verbessert hat, sind Playback und Lautsprecher und Mehrkanäle, aber der Aufnahmeprozess hat sich seit 1966 nicht groß verändert. Die andere Sache, die dem allen einen Strich durch die Rechnung macht, ist, dass du einen tollen Sänger in ein Shure sm58 singen lassen kannst und es wird besser klingen, als ein schlechter Sänger durch ein Neumann 48 – das ist einfach so. Eine erfolgreiche Band ist letzten Endes eine erfolgreiche Band. (…) 

Wir Nerds, wir können über Kompressoren, Mikrofone und alles andere diskutieren, aber es sind die Künstler*innen, die einen guten Song gut machen.” 

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